Saïd El Mala ist 19 Jahre alt und hat erst 385 Bundesliga-Minuten auf dem Konto, dennoch wurde er von Julian Nagelsmann bereits für die Nationalmannschaft nominiert. Ein Ritterschlag, gewiss. Aber vielleicht auch ein Risiko. Kann jemand, der im Klub gerade erst Fuß fasst, die Last der großen Bühne tragen? Oder droht hier der klassische Schnellstart, der zu früh zündet – und dann verpufft?

Die Geschichte des deutschen Fußballs kennt einige solcher Frühstarter. Spieler, die einst als Zukunft gefeiert wurden und dann an den Erwartungen, am Körper oder am System scheiterten. El Mala könnte der nächste Marko Marin sein. Oder kann er den Gegenbeweis liefern?

Weil sich Geschichte bekanntlich gerne wiederholt liefern wir in unserer neuen Sechserkette heute einen kleinen Rückblick: Sechs Namen, sechs Karrieren, die zeigen, wie schnell aus einem Versprechen eine Erinnerung werden kann. Stimmst du unserem Ranking zu?

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SLALOM-Sechserkette

Ab jetzt wird’s persönlich, leidenschaftlich und ein bisschen streitbar: In der SLALOM-Sechserkette suchen wir sechs Spieler einer bestimmten Kategorie. Heute geht es um sechs Kicker, die unserer Ansicht nach zu früh für die Nationalmannschaft nominiert und ihrem Hype nicht gerecht wurden.

Warum Sechs? Fünf oder zehn kann jeder, die Sechs ist ungewöhnlich, ein bisschen rebellisch. Außerdem ist der Sechser im Fußball Herzstück und Taktgeber. Mehr Argumente braucht’s nicht. Hier ist die Sechserkette:

  1. Sebastian Deisler

    Sebastian Deisler stand Anfang des Jahrtausends für einen neuen deutschen Fußball: leichter, kreativer, mutiger. Doch die Erwartungen, die Öffentlichkeit und Verband auf ihn projizierten, waren größer als jeder Gegner. Nach fünf Knie-Operationen und zwei Klinikaufenthalten wegen Depressionen zog er mit 27 den Schlussstrich. Nicht das Talent war zu klein – die Last, die man ihm aufgebürdet hatte, war zu groß.

  2. Youssoufa Moukoko

    Youssoufa Moukoko galt als Teenager als Winderkind, das Torrekorde brach. Zwischen Nationalmannschaftwsdebüt mit 17 Jahren, Diskussionen rund um sein wahres Alter sowie Bankdrücken beim BVB verlor sich sein Weg jedoch irgendwann zwischen Potenzial und Realität. Er ist noch jung genug, um die Kurve zu kriegen. Doch erst wenn das Scheinwerferlicht kleiner wird, kann er wirklich wachsen.

  3. Marko Marin

    Marko Marin wurde früh als „deutscher Messi“ gefeiert – ein Dribbler mit tiefem Schwerpunkt, Leichtigkeit und Straßen-Kicker-Mentalität. Er wurde als Zweitliga-Talent in den vorläufigen EM-Kader berufen, wenig später zeigte sich, dass ihm für die ganz große Karriere einiges fehlte: Körper, Konstanz, Vertrauen. Sein Talent war immer sichtbar, ihm mangelte es an einem Raum, in dem er es in Ruhe entfalten konnte.

  4. Max Meyer

    Max Meyer kam als hochbegabter Spielmacher aus der Schalker Knappenschmiede, mit 18 debütierte er im Nationalteam. Doch die Entwicklung ging ihm nicht schnell genug. Vertragszoff, eine Flucht nach England sowie ein größenwahnsinniges Umfeld sorgten dafür, dass er im Herrenfußball nie wirklich ankam. So verlor er sich zwischen Anspruch und Realität.

  5. Lewis Holtby

    Lewis Holtby spielte mit Leidenschaft, Energie und dem Herz in der Hand – ein Mittelfeldspieler, der immer alles wollte, oft aber zu viel gleichzeitig. Zwischen Schalke, Tottenham und dem HSV wechselte er Rollen wie Trikots: Sechser, Achter, Zehner – überall wichtig, aber nirgends unverzichtbar.

  6. Julian Weigl

    Julian Weigl betrat die Bühne als eleganter Ballverteiler unter Thomas Tuchel. Doch es führte keine Entwicklung nach oben. Im besten Alter verließ er Deutschland in Richtung Portugal, auch nach seiner Rückkehr wurde er überschätzt und von Gladbach schließlich nach Saudi-Arabien weitergereicht. Für die Nationalelf fehlte es ihm in fast allen relevanten Disziplinen eines zentralen Mittelfeldspielers.

Eine letzte Kurve:

Saïd El Mala steht heute dort, wo viele standen, die mehr Zukunft als Gegenwart waren. Namen wie Sebastian Deisler oder Marko Marin klingen heute wie aus einer anderen Zeit, ein bisschen nostalgisch, ein bisschen mahnend. Sie waren Hoffnungsträger, bevor sie gestandene Profis waren. Und sie blieben genau das: Hoffnungsträger.

El Malas Nominierung erzählt von der alten Versuchung im Fußball, das Morgen zu feiern, bevor das Heute erreicht ist. Vielleicht ist das romantisch, vielleicht naiv, vielleicht beides. Doch anders als viele seiner Vorgänger bringt El Mala tatsächlich vieles mit, was ein Spieler für die Nationalmannschaft braucht. Er überzeugt im Dribbling, spielt seine Gegner dort aus, wo sie es nicht erwarten, ist beidfüßig und torgefährlich.

Entscheidend wird am Ende nicht sein, ob er mit zur WM fährt oder nicht, sondern wie es über den Sommer hinaus für ihn weitergeht. Er sollte sich die Zeit nehmen, beim Effzeh zu reifen und nicht wie so viele vor ihm zu früh zu viel wollen. Weil er über den zweiten Bildungsweg kommt und schon früh Widerstände überwunden musste, spricht vieles dafür, dass er sich vom schnellen Geld nicht verführen lässt. Vielleicht sorgt genau das am Ende für den Unterschied zwischen einem kurzen Hype und einer Erfolgsgeschichte.

Danke, dass du SLALOM heute begleitet hast. Wir hoffen, die Kurve hat sich gelohnt.

Nächste Woche steuern wir das nächste Thema an. Hast du Themen, die dich beschäftigen oder möchtest du deine Meinung zur heutigen Thematik mit uns teilen? Dann schreibe uns gerne eine Nachricht auf Instagram oder per Mail.

Bis bald,

Dein SLALOM-Team

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